Vorgeschichte

Homo Heidelbergensis und Neandertaler

Noch bevor die Landschaft um Gifkendorf ihre heutige Form annahm, waren Menschen im Zuge der Eiszeiten regelmäßig in der Region unterwegs. Die ältesten Spuren führen uns in die Umgebung von Braunschweig. Im Braunkohletagebau von Schöningen wurden mehrere Speere gefunden, die um 300.000 v. Chr. entstanden sind und die zur Jagd auf Pferde verwendet wurden.
Der Mensch, der diese Wurfwaffen benutzte, wird als Homo Heidelbergensis bezeichnet.

Er ist der Vorfahre des Neandertalers, der um 200.000 v. Chr. in Norddeutschland ansässig war. Als die Gletscher verschwanden und die heutige Landschaft entstand, durchstreiften Neandertaler unsere Region. Ihre Werkzeuge (Stein- und Knochenartefakte) fand man an mehreren Stellen in der Umgebung von Lüneburg. Die Neandertaler jagten Rentiere, Mammuts und Wollnashörner während der kälteren Jahreszeiten, und Pferde, Rinder und Hirsche, wenn die Wetterbedingungen sich besserten.

Die ersten modernen Menschen

Die ersten modernen Menschen sind in der Region um 10.000 v. Chr. dokumentiert (Ahrensburger und Hamburger Kultur). Sie lebten wie ihre Vorgänger in kleinen Gruppen von Jägern und Sammlern und zogen je nach Jahreszeit hinter den großen Rentierherden her, die durch die damaligen Steppenlandschaften wanderten. Auch wenn sie in Gifkendorf keine Spuren hinterlassen haben, ist ihre Anwesenheit in der Region gut belegt.

Links: Jäger der Hamburger Kultur, rechts: Rekonstruktion eines Zeltes nach dem Befund von Bockum in der Nähe von Amelinghausen, Bilder Archeokit.

Das Neolithikum, zur Zeit der ersten Bauern

Bauer des Neolithikums, Bild Archeokit.

Die klimatischen Bedingungen wurden im Laufe der Jahrtausende milder und um 5000 v. Chr. beginnt ein neues Zeitalter, das Neolithikum. Der Mensch wird sesshaft und beginnt mit Ackerbau und Viehzucht. Dazu rodet er große Flächen und nimmt das Land in Besitz. In der Umgebung von Gifkendorf wurden keine Spuren von Siedlungen gefunden, die in der Regel aus einigen Langhäusern bestanden, in denen Menschen und Vieh unter einem Dach lebten. Die Region war jedoch bereits zu dieser Zeit dicht besiedelt, wie die um das Dorf Gifkendorf herum erhaltenen Megalithgräber belegen.

Karte der Großsteingräber um Gifkendorf (blau), Bild Archeokit.

Die Trichterbecherkultur (ca. 3500 v. Chr.) ist charakteristisch für ihre Keramik und den Bau dieser monumentalen Gräber. Die Gräber bestehen aus einer mit Findlingen errichteten Kammer, in der die Leichen aufgebahrt wurden, und einem Findlings-Ring, der etwa 5 bis 8 Meter breit und manchmal 15 bis 20 Meter lang ist. Ein Beispiel für ein solches Großsteingab befindet sich im Wald an der Straße nach Solchstorf, und eine ganze Ansammlung dieser Gräber findet man in der Nähe von Scharnhop.

Es gibt fünf mehr oder weniger gut erhaltene Großsteingräber, die an diese wenig bekannte Vergangenheit erinnern.
Noch heute sind sie gut in der Landschaft zu sehen und einen Spaziergang im Wald wert.

Oben rechts: Schematische Darstellung der verschiedenen Bauphasen eines Großsteingrabes,
Oben: Rekonstruktion eines Großsteingrabes
Bilder: Archeokit.

Die Bronzezeit zur Zeit der Hügelgräber

In der Bronzezeit (2000 bis 700 v. Chr.) besteht in Gifkendorf dieselbe Problematik wie im Neolithikum: Es gibt keine Spuren von den Siedlungen, wohl aber von den Friedhöfen der Zeit.
Dabei haben sich die Bestattungspraktiken in der Bronzezeit verändert: Nun werden die Verstorbenen in Hügelgräbern bestattet, in denen die Leiche oft in Begleitung von Grabbeigaben aufgebahrt wurde. Waffen, Werkzeuge, Schmuck und Keramik gewähren uns einen Einblick in die Kultur der Bronzezeit, in der in Norddeutschland erste Metallartefakte (Bronze) verwendet wurden.
Diese Hügelgräber sind in der Umgebung von Gifkendorf sehr zahlreich, und wenn sie nicht durchs Pflügen zerstört wurden, sind sie noch in den Wäldern zu finden (z. B. in Richtung Wulfstorf).

Oben links: Tracht der Bronzezeit um Lüneburg. Die Frauen tragen zahlreiche Bronze-Schmuckteile, Bild Archeokit. Oben rechts: Pfeilspitze des Endneolithikums oder Anfang der Bronzezeit, bei Gifkendorf von Franko Schmidt gefunden,
Foto: Franko Schmidt, Karte der bekannten Hügelgräber um Gifkendorf (braun), Karte Archeokit, Darstellung eines Hügelgrabes im Schnitt, der Sarg lag in einem Steinkreis in der Mitte des Hügels, Zeichnung Archeokit.

Die Germanen

Germanische Krieger um Christi Geburt, Bild Archeokit.

Ab 700 v. Chr. beginnt die Zeit der Germanen. Die klimatischen Bedingungen wurden nochmals milder und es entstanden immer mehr Siedlungen, so dass die Region zur Zeit um Christi Geburt dicht mit Dörfern besiedelt war. Diese Siedlungen zählten in der Regel 200 bis 500 Einwohner, die von der Landwirtschaft und dem Handwerk lebten. In der Umgebung von Gifkendorf finden sich zahlreiche Spuren aus dieser Zeit, die uns eine Vorstellung davon gebenn, wie die Landschaft damals organisiert war.

Um welche Spuren handelt es sich? Diesmal handelt es sich nicht um Gräber, die in der Landschaft sichtbar sind. Die Spuren der Germanen sind zahlreich, jedoch nur durch ein geschultes Auge zu entdecken: Fast überall in der Gemarkung findet man auf den Feldern an der Bodenoberfläche germanische Keramikscherben. Sie sind mehr oder weniger aussagekräftig, aber in großen Mengen vorhanden. Bei der Rettungsgrabung, die 2018 im Zusammenhang mit dem Bau von Haus Nr. 64 durchgeführt wurde, fanden die Archäologen eine Abfallgrube aus der Germanen-Zeit mit mehreren gut erhaltenen Töpfen. Die gesamte Umgebung von Gifkendorf war zur Zeit der germanischen Besiedelung offenbar gerodet und kultiviert worden. Große Konzentrationen von Scherben geben Hinweise auf Häuser oder Handwerksstätten. Die Germanen haben sich tatsächlich in Gifkendorf niedergelassen (Zugang zu Wasser, Schutz vor Wind, Lehmvorkommen für den Hausbau), die archäologischen Spuren sprechen für eine Siedlungsdauer von mindestens 200–300 Jahren.

Rekonstruktion eines Langhauses, wie es mehrere in Gifkendorf gab.
Menschen und Vieh lebten unter demselben Dach,
Bild: Archeokit

Da sich die germanische Siedlung auf dem Gelände des heutigen Gifkendorf befindet, ist es wegen der vorhandenen Bauten der Gegenwart aktuell nicht möglich, die Größe der Siedlung genau zu bestimmen.

Lesefunde um Gifkendorf, Schlacken aus Eisenverarbeitung (links) und Keramikscherben (rechts). Bild: Archeokit.

Die germanische Siedlung war wahrscheinlich eher locker angelegt, vermutlich befanden sich auf dem Hang mehrere einzelne Meiler. In einem dieser Meiler wurde Metall verarbeitet. Es gibt Spuren von sogenannten Rennöfen, in denen das Metall aus Erz gewonnen und bearbeitet wurde, bevor es in den kleinen Dorfschmieden verwendet werden konnte. Dort wurden Alltagsgegenstände (Werkzeuge, Nägel, Gürtelschnallen) und Waffen geschmiedet. Zahlreiche Schlacke, die bei Gifkendorf gefunden wurden, erinnern an dieses Eisenhandwerk.

Metallverarbeitung in Gifkendorf
Rekonstruktion eines sogenannten Rennfeuerofens. Der Ofen bestand aus einem Kamin aus Lehm, in dem Holzkohle und Eisenerzstücke gestapelt wurden. Die Temperatur musste 1200° C erreichen, damit das Eisen flüssig wurde und in eine Grube unter dem Ofen fließen konnte. Nach dem Abkühlen wurde das Roheisen für eine weitere Verarbeitung durch den Schmied eingsammelt. Die bei dem Verhüttungsprozess entstandenen Schlacken findet man heute noch auf den Gifkendorfer Feldern. Bild: Archeokit

Im 1. Jahrhundert n. Chr. war Gifkendorf also eine blühende Siedlung, in der ein ausgeprägtes Handwerk betrieben wurde. Die Germanen, die in der Region lebten, waren unter dem Stammesnamen Langobarden (das Volk der langen Bärte?) bekannt.
Es lässt sich für die ersten beiden Jahrhunderte n. Chr. ein zunehmender Wohlstand mit Bevölkerungszuwachs feststellen. Ab dem 3.–4. Jahrhundert wurden die Wetter- und Lebensbedingungen schwieriger. Weit weg im Süden brach das Römische Reich auseinander und viele germanische Stämme strömten in das so entstandene Vakuum. Es ist die Zeit der Völkerwanderung, in der auch die Langobarden zum großen Teil die Region verließen. Sie wanderten Richtung Donau. Die zurückgelassene Bevölkerung schrumpfte, viele Siedlungen wurden aufgegeben, die Ackerflächen ebenfalls und die Wälder breiteten sich wieder aus. Die Stämme organisierten sich neu unter dem Namen Sachsen. In dieser Zeit wurde auch die gemanische Siedlung an der Stelle des heutigen Gifkendorf aufgegeben, wahrscheinlich im 3.–4. Jh.

Von diesem Zeitpunkt an gibt es hier keine Spuren von Menschen und Siedlungen mehr, und zwar für die Dauer mehrerer Jahrhunderte.

Altsächsisches Ehepaar, die letzten Bewohner dieser germanischen Siedlung?
Bild: Archeokit.