Handelswege und Gastwirtschaften in Gifkendorf
Wer heute in und um Gifkendorf spazieren geht, könnte schon den Eindruck bekommen, dass das Dorf irgendwie in einer Sackgasse liegt. Es stimmt, dass die Gemarkung direkt an den Landkreis Uelzen grenzt. Die beiden Straßen, die Gifkendorf nach Süden und Osten verlassen, verwandeln sich in Landwege und verhindern jeglichen Verkehr in diese Richtung.
Aber so ist es nicht immer gewesen.
Alte Frachtstraßen
Lüneburg hatte sich durch den Salzhandel zum wichtigsten Handelszentrum im Mittelalter entwickelt. Alle regionalen Frachtstraßen führten dorthin, eine davon, die alte Frachtstraße von Lüneburg nach Salzwedel-Magdeburg-Leipzig verlief über Gifkendorf. Am Lüner Tor fand man den Wegweiser zur sogenannten Secklendorfer Karrenstraße. Sie durchquerte die Landwehr vor Barendorf, und verlief über Vastorf und Gifkendorf. Am Kreuzweg, am Ende des Dorfes führte eine Strecke auf dem Bostelwiebecker Weg nach Aljarn und Himbergen, der andere Abzweig führte über Secklendorf an Altenmedigen vorbei und weiter Richtung Salzwedel. Der Verkehr war im Mittelalter so rege, dass die Nonnen des Klosters Altenmedingen sich nicht mehr sicher fühlten und im 14. Jh. den Umzug des Klosters nach Medingen veranlassten.
Ab dem 16. Jh. erlebte der Secklendorfer Karrenweg eine Blütezeit. Durch die Versandung der Jeetzel zwischen Lüchow und Dannenberg war der Verkehr dort allmählich zum Erliegen gekommen, der Warentransport verlegte sich schnell auf diese Straße.

Übersichtkarte der alten Wege um Lüneburg,
dunkelgrau: die Secklendorfer und Bostelwiebecker Karrenstraßen nach Salzwedel und Magdeburg
(Bild: Archeokit nach B.Ploetz, Lüneburger Blätter, 1961).
Das Ausspannhaus


Oben: Pferde-Ausspannhaus von Hof 5/61 im Hintergrund, im Vordergrund: Marie Meyer in den 1930ern.
Anmerkung: man sieht ein Fahrzeug vor dem Hof 5/61, was zu dieser Zeit auf dem Land selten war.
(Bild: Familie Bruns).
Links: Plan von Gifkendorf um 1844, im Kreis: Ausspannhaus.
(Grafik: Archeokit).
Die Unterbringung der Fuhrleute muss recht lukrativ gewesen sein. Es setzte ein Konkurrenzkampf zwischen Wulfstorf, Gifkendorf und Vastorf ein, wobei die Vastorfer sich regelmäßig beim Amt beklagten, dass sie benachteiligt waren, weil sie im Gegensatz zu den anderen Steuern bezahlen mussten. Schon im 18. Jh. gab es einen Pferde-Ausspann-Stall für Fuhrleute in Verbindung mit Hof Nr. 5/61. Zu diesem Zweck wurde eigens ein Gebäude errichtet. Es ist auf dem Plan von 1844 verzeichnet und existierte bis es im Jahr 1945 einstürzte.
Bis Anfang des 20. Jhs. haben dort Bauern aus dem Landkreis Uelzen übernachtet, bevor sie ihre Waren am nächsten Tag auf dem Lüneburger Markt anboten.
Die Gastwirtschaft in Gifkendorf
In Verbindung mit dem regen Verkehr gab es ab dem 19. Jh. zwei Gasthäuser. Auf dem Hof Nr. 11/33 entwickelte sich um 1850 eine „Krugwirtschaft“. Sie bestand wahrscheinlich bis in die 1920er Jahre. Sie hatte einen eher schlechten Ruf, es heißt, dort sei alles ziemlich dreckig gewesen. Doch die dortigen Faslamfeiern um 1900 waren unvergesslich.


Krugwirtschaft von Christoph Meyer um 1910 auf dem Hof Nr. 11/33 (Postkarte: Alma Frank).
In der Wand zwischen Küche und Stube befindet sich im aktuellen (modernisierten) Haus immer noch die alte Durchreiche-Klappe.
(Bild: Archeokit).
Die zweite Gastwirtschaft entstand auf dem Hof Nr. 8 und wurde von der Familie Teldau gegründet. Sie war bis in die 1950er Jahre hinein in Betrieb. Teldau hatte andere Ambitionen als die „Krugwirtschaft“. Er beherbergte regelmäßig Gäste aus Lüneburg oder Hamburg, die den Sommer in Gifkendorf verbringen wollten. Das war die sogenannte „Sommerfrische“, übrigens ein beliebtes literarisches Motiv seit dem 19. Jahrhundert: Städter verbringen ihren Urlaub auf dem Land. Die Gifkendorfer Gäste wurden mit der Pferdekutsche vom Bahnhof Vastorf abgeholt und verweilten dann einige Wochen auf dem Land. Die Gastwirtschaft verfügte auch über eine Kegelbahn im Garten, was im Dorf eine Attraktion war.

(Bilder Familie Stein).

Ein anderes Erlebnis in der Gastwirtschaft Teldau war der jährliche Besuch eines Versicherungsvertreters, der die Pferde der verschiedenen Höfe begutachten sollte. Eins nach dem anderen mussten die Pferde auf dem Hof vor dem Versicherungsmakler und der versammelten Dorfgemeinschaft vortreten. Anderer Anziehungspunkt war der erste Fernseher in Gifkendorf, der dort stand. Die Gastwirtschaft setzte ihre Aktivitäten bis Mitte der 1950er Jahres fort.


Links: Gäste im Garten der Gastwirtschaft Teldau, rechts: Emma Ortmann, geb. Teldau am Tresen der Gastwirtschaft in den 1950ern (Bilder Familie Ortmann).
Siebzig Jahre später wird die Tradition der Gastwirtschaft in Gifkendorf in der Form von Ferienhäusern wiederbelebt. Seit 2020 bietet die Lily-Rose-Cottage Ferienwohnungen an, eingerichtet im alten Bauernhof Nr. 1/22.